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Bärlauchpesto – fermentiert?
Im März 2015 fragte ich mich, ob es gelingen könnte, ein Bärlauchpesto mittels Milchsäure-Fermentation herzustellen.
Das Experiment war verbunden mit einigen Misserfolgen. Ich war einfach zu klassisch unterwegs. Doch zu Beginn die Frage nach dem “Warum”. Warum braucht es fermentiertes Bärlauchpesto?
Über die Vorteile und Faszination des Fermentierens habe vor längerer Zeit schon mal hier kurz geschrieben: 7 Gründe zu Fermentieren
Es gibt aber noch einen weiteren Grund für diesen Versuch: Vor Jahren machten wir unser Bärlauchpesto auf die ganz klassische Art: frischer Bärlauch, Cashew-Nüsse, ein gutes Öl, Salz, Pfeffer. Alles zum Pürieren in den Cutter. Fertig.
Den Parmesan haben wir meist weggelassen. Der verkürzte nur zu oft die Haltbarkeit und man kann ihn sich ja auch selbst ins Pesto reiben.
Ein Problem war immer wieder, dass das Pesto “kippte”. Denn zum einen bringt der frische Bärlauch sehr viel Wasser in seinen Zellen mit sich. Und oftmals waren es die (Bio-)Nüsse, die viel eigene “Mikrobiologie” mit sich brachten. Für diese Mikroben war das Bärlauch-Zellwasser der beste Lebensraum… Die Ergebnisse dies darin vollzogenen Lebenswandels waren für das Pesto oft verheerend…
Die Fermentation ist – das kann ich heute (2021) mit Gewissheit sagen – die “Biologie” zu nutzen, statt sie über Vermeidungs- oder Sterilisationssstrategien zu bekämpfen. Das was früher zum Verderb führte ist genau der Prozess, der nun – geschickt gelenkt – die nötige Haltbarkeit erzeugt! Und zwar schlussendlich mit dem Parmesan, mit Nüssen und mit dem Öl.
Wie funktionierts?
Schritt 1 – Bärlauch fermentieren
- 1kg frischer Bärlauch
- 20g Salz und
- 20g Rohrzucker (im Video nenne ich eine falsche Zuckermenge!)
- 1 EL Sauerkrautsaft oder Brottrunk oder anderer Saft eines Gemüsefermentes
Alles zusammen nicht zu fein pürieren und in einem Drahtbügelglas zwei Wochen bei Zimmertemperatur fermentieren lassen.
Der Zucker dient einzig als Nahrungsquelle für die Milchsäurebakterien. Er wird komplett umgesetzt zu CO2 und Milchsäure. Letztere macht das Produkt haltbar.
Bei diesem Ferment empfehle ich mal ausnahmsweise nicht die “wilde Fermentation” sondern ausdrücklich den Einsatz einer Starterkultur (Sauerkrautsaft oder Brotdrunk). Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dieses Ferment ansonsten wegen des hohen Schwefegehalts des Bärlauchs sehr stinkt. Dieser unangenehme Geruch scheint mit zunehmender Reife des Ferments zu vergehen, aber man kann ihn mit dieser Starterkultur ziemlich weit minimieren.
So entsteht eine grüne Paste, die deutlich nach Bärlauch schmeckt und eine feine Säure mitbringt. Sie ist noch kein Pesto! Aber sie ist ein tolles Produkt zum Weiterverarbeiten.
Hier noch ein Video, das die gemachten Erfahrungen zusammenfasst und ein paar praktische Tipps mitliefert:
(Tolles Outfit, oder? ;-))
Schritt 2 – das Bärlauchpesto zubereiten
Nachdem der Bärlauch wie oben beschrieben fermentiert wurde, hat er die Haltbarkeit erreicht, die wir erreichen wollten. Ohne Zugabe von Konservierungsmitteln, ohne zu erhitzen etc…
Nun wird diese Masse genommen und mit Nüssen, Parmesan und gutem Öl zu einem Pesto verarbeitet. Wir fügen noch etwas Pfeffer hinzu.
Unser Rezept sieht konkret so aus:
- 1 Kilo fermentierte Bärlauchpaste
- 120g Parmesan (optional)
- 120g Cashew-Kerne (andere Nüsse haben Allergiepotential)
- 1/2 TL schwarzen Pfeffer, frisch aus der Mühle
- 250ml mildes Olivenöl
Dieses Pesto unterscheidet sich durch seine Säure von anderen Pesto-Varianten. Sie kommt durch die Milchsäure, die sich während des Fermentierens gebildet hat. Anfangs fand ich das irritierend. Doch sie hat ihren Reiz: auf der Käse-Stulle war es dann genau die Kombination aus den Pesto-Aromen mit der Säure und der Süße des Stullen-Käses, der das Ganze zu einem echten Leckerbissen machte.
Und freilich darf man kein frischgrünes Pesto erwarten. Die Farbe ist dunkelgrün.
Fazit
Wir haben ein Pesto produziert, wie es natürlicher kaum noch geht.
Wir fügen keine Bindemittel oder andere Füllstoffe ein – oft genug finden Sie Kartoffelflocken oder anderes im Pesto.
Wir konservieren nicht mit komischen Zusätzen und haben trotzdem eine Haltbarkeit.
Und wir erhitzen auch nichts. Der Bärlauch und alle anderen Zutaten bleiben in ihrer Molekularstruktur im natürlichen Zustand.
Und wir haben ein Pesto, dass nur so strotzt von den für unseren Magen-Darm-Trakt so zuträglichen Mikroflora.
Sie wollen sich die Mühe nicht selbst machen? Zum Glück gibt es unser Bärlauchpesto auch bei uns im Shop – in der veganen Variante. Denn Parmesan kann sich auch zuhause reinreiben, wer das auf diese Art liebt.
Sie wollen Ihr Pesto lieber bei uns beziehen?
Parmesan und Nüsse (Walnüsse, eigene) machen bei der Haltbarkeit für mich keinen Unterschied. Ich wunder mich immer, wenn mir das jemand erzählt, er lässt den Parmesan weg. Bei mir hält das Pesto locker ein Jahr bis zur nächsten Bärlauchsaison, sogar länger (hatte ein Glas einmal ganz vergessen).
Das Problem an der Sache ist eher das ‘gute Öl’. Was verwendest du? Rapsöl, Keimöl usw ist eher nicht geeignet, durch die ungesättigten Fettsäuren instabil und hält sich nicht so lange, kaltgepresst am wenigsten lang. Mit gutem Olivenöl ist das
…kein Problem.
Liebe Alexa,
wir haben früher wirklich viel Bärlauch-Pesto hergestellt. Und Deine Erfahrung kann ich überwiegend teilen. Normalerweise hält sich so ein Bärlauchpesto quasi ewig. Und dabei war es egal, was für ein Öl man nimmt. Der Bärlauch ist offensichtlich antibakteriell genug.
Aber ab und an gingen eben doch Gläser hoch. Und das wörtlich. Bei unseren Kunden kam das nicht gut an…
Da wir Rückstellproben gemacht hatten, war der Übeltäter schnell gefunden. Es waren die Nüsse. Und zwar ausschließlich die, die BIO-Ursprungs waren. Sie waren eben noch so lebendig, dass es schlußendlich geknallt hat.
Das würde ich gern ausschließen und wenn mir die Fermentation einen Weg bietet, der das Vermeiden von Konservierungsstoffen oder das Erhitzen des Produktes ermöglicht, wäre das ne gut Sache.
Richtig spannend wirds dann erst mit anderen Pesto-Varianten…
Ich mixe Bioolivenöl und Biosonnenblumenöl mit gewaschenem und annäherd trockenen Bärlauchblättern, bis eine sämige Paste entsteht. Ins Schraubglas, Öl obenauf. Fertig. In Speisekammer lagern. Hält mindestens 1 Jahr.
DANKE
Lieber Olaf, ich hab ähnliche Erfahrungen gemacht. Inzwischen froste ich die Gläser ein, mit Käse und Nüssen. 😉 Und ich finde, mit dem Wiegemesser zerkleinert, ist der Geschmack am besten. Für Riesenmengen geht das natürlich nicht. Auch für kleinere ist es eine harte Arbeit. Beste Grüße, Heike
Klingt toll! Hat es geklappt?
Wenn’s wieder kalt ist draußen, sprich, die Gartensaison vorbei, dann schreibe ich mehr dazu. Aber soviel vorab: Nö.
Hallo Herr Schnelle,
Worauf bezieht sich Ihr “nö”?
Auf das Rezept oben?
Ich habe Ihr Rezept nämlich ausprobiert, sprich Schritt 1 (Bärlauchpaste fermentieren lassen) ist heute abgeschlossen. Jetzt wollte ich gerne den Schritt 2 angehen…
Danke und viele Grüße
Viktor H.
Dieses “Nö” bezog sich auf einen unmittelbar davor stehenden Kommentar aus dem Jahr 2015. Mittlerweile ist der Artikel überarbeitet worden. Das “Nö” ist gegenstandslos.
Hey Olaf,
bei Deinem neuen Rezept für Pesto mit fermentiertem Bärlauch fehlt noch das Öl in der Zutatenliste.
Danke für’s Teilen,
Grüße Katja
Oha, das stimmt. Nun habe ich es ergänzt – Danke für den Hinweis!